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Wie ist der aktuelle Anstieg der Baufinanzierungszinsen einzuordnen?

Aktualisiert: 13. Okt. 2022

Seit Jahren kannten die Konditionen für Baufinanzierung gefühlt nur eine Richtung: Nach unten. Doch wie so vieles ist auch dies eine Frage der Perspektive. Schauen wir einmal hinter die Kulissen.

Während bei zehnjähriger Zinsfestschreibung der Effektivzins für Baufinanzierungen im Jahr 2000 bei durchschnittlich noch 6,4 % pro Jahr lag, sank er in den darauf folgenden 10 Jahre um 2 Prozentpunkte. Doch damit war noch kein Ende der Fahnenstange erreicht. Denn es ging weiter abwärts. Anfang 2015 lagen wir bei nur noch 1,7 % und erreichten die Talsohle im Jahr 2020 mit durchschnittlich 0,73 %. Bei einer Kreditsumme von beispielsweise 400.000 EUR hätte alleine der monatliche Zinsdienst im Jahr 2000 noch 2.133 EUR betragen, wohingegen er im Jahr 2020 bei gleicher Darlehensssumme nur 243 EUR betrug. Nach den Zinssteigerungen der letzten Tage und Wochen liegt aktuell der durchschnittliche 10-Jahres-Satz bei 1,14 %, was einer monatlichen Zinsrate von 380 EUR entspricht – mithin also 137 EUR mehr als noch vor rund 2 Jahre. Es ist zu erkennen, dass die Konditionen noch immer extrem niedrig sind. Die Diskussion geht also am Thema vorbei. Und wenn man sich die Zinscharts der letzten Jahre anschaut, so sind die aktuellen Ausschläge als solche kaum zu erkennen.


Wohin geht die Reise?

Dazu muss man ein wenig tiefer in die Zinspolitik einsteigen und sich die Inflation anschauen. Denn die Geldentwertung hat in den letzten Monaten den höchsten Stand seit 1993 erreicht. Durchschnittlich betrug die Inflationsrate im Jahr 2021 rund 3,1 %. Im Dezember 2021 erreichte sie bedingt durch die deutlich gestiegenen Energiepreise sogar 5,3 %. Diese Entwicklung hat volkswirtschaftliche Auswirkungen. Denn wenn auf der einen Seite die Geldentwertung stetig zunimmt und andererseits die Guthabenverzinsung für Spareinlagen bestenfalls homöopathischen Charakter hat, wissen die Bürger: Ihr Geld auf dem guten alten Sparbuch wird von Tag zu Tag weniger wert. Was also liegt da näher, als zu investieren. Und wo die Nachfrage steigt, steigen auch die Zinsen. So setzt sich eine Spirale in Gang, die auch nicht im Interesse der Notenbanken ist.

Ein probates Mittel, dem entgegenzusteuern, besteht in einer Erhöhung der Zinsen. Damit werden die Sparer motiviert, das Geld lieber gewinnbringend anzulegen, anstatt es auszugeben. Der Konsum wird gebremst, die Preise stabilisieren sich.

Doch sollten wir nicht vergessen, dass die größten Schuldner auf den Finanzmärkten die Staaten sind. Diese wiederum profitieren von niedrigen Zinsen. Denn je niedriger die Zinsen, desto geringer der aus den Staatshaushalten zu finanzierende Schuldendienst. Seit Jahren verdient zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland Geld mit ihren Schulden. Denn für ihre Staatsanleihen muss sie keine Zinsen bezahlen, sondern erhält sogar noch Geld von den Investoren. Dieser sogenannte „Negativzins“ lag zwischen Anfang 2020 und Ende 2021 bei -0,17 % und -0,57 %. Doch erstmals im Januar 2022 musste auch die Bundesrepublik wieder Zinsen bezahlen. Was aber haben Bundesanleihen wiederum mit Baufinanzierungen zu tun? Die Antwort ist einfach: Für ihre Baufinanzierungen refinanzieren sich die Banken mittels sogenannter Pfandbriefe. Für die Ermittlung des hierfür angebotenen Zinssatzes bilden wiederum Bundesanleihen die Referenz: Steigen also die Zinsen für Staatspapiere, so müssen die Pfandbriefe ebenfalls höher verzinst werden. Diesen Zinsaufschlag wiederum geben die Banken in Form höherer Baufinanzierungskonditionen an ihre Kunden weiter.

Unter Berücksichtigung der genannten Rahmenbedingungen ist also nach unserer Auffassung nicht von einer Zinsexplosion auszugehen, langsam steigende Zinsen sollten jedoch einkalkuliert werden.


Was also tun?

Vorab: Panik ist auch in diesem Fall nicht angebracht und ein denkbar schlechter Ratgeber. Denn wer sich jetzt überhastet zum schnellen Abschluss eines Werkvertrages für sein Haus und die dazu passende Baufinanzierung entscheidet, kann ganz schnell in die bekannte Falle laufen: Die Planung muss angepasst werden, Sonderwünsche werden nicht berücksichtigt. Werden all diese Schritte übersprungen, um möglichst jetzt, hier und heute Auftrag und Baufinanzierung in trockene Tücher zu bekommen, so kann der vermeintliche Vorteil schnell in das Gegenteil umschlagen: Nachfinanzierungen von 10 % und mehr der ursprünglichen Darlehenssumme sind dann eher die Regel, als die Ausnahme. Wird eine Nachfinanzierung erforderlich, entstehen außerdem weitere Kosten z. B. für die Grundschuldeintragung. Auch die Zinsen fallen höher aus als für die ursprüngliche Finanzierung.

Der Königsweg besteht also darin, in einem ersten Schritt ein Gesamtpaket zu schnüren: Das Haus muss „ausgeplant“ sein, also exakt dem entsprechen, was man mit dem Anbieter der Wahl realisieren möchte. Darüber hinaus muss das Angebot exakt den Leistungsumfang enthalten, den man anstrebt. Schließlich und endlich müssen die Baunebenkosten ermittelt werden. Diese Schritte alleine nehmen einen Zeitrahmen von erfahrungsgemäß 4 bis 8 Wochen in Anspruch. Damit ist aber der finanzielle Rahmen abgesteckt und der Realisierung einer belastbaren Baufinanzierung steht nichts mehr im Wege.


Risiken vermeiden

Kommen wir zurück auf die eingangs erwähnten 400.000 EUR Darlehensvolumen und stellen uns vor, die Bauherren haben sich dazu entschieden, die Zinsen für einen Zeitraum von 10 Jahren festschreiben zu lassen. Sie bezahlen dafür einen Zinssatz von 0,88 %. Die Tilgung wird mit 2 % zuzüglich ersparter Zinsen vereinbart, die monatliche Rate beläuft sich auf 960,00 EUR. Welches Risiko sollte mit einer solchen Konstellation verbunden sein? Nun, nach Ablauf der Zinsfestschreibung verbleibt noch eine Restschuld in Höhe von 316.406 EUR. Sollten die Zinsen innerhalb der 10 Jahre deutlich angestiegen sein, so wird auch die monatliche Rate entsprechend steigen. Der Anstieg auf lediglich 3 % Darlehenszins führt bei gleichem Tilgungssatz zu einer Ratenhöhe von 1.518 EUR. Dieses Risiko gilt es zu vermeiden, optimalerweise durch eine möglichst lange Zinsbindung.

Je länger die Zinsen festgeschrieben sind, desto höher fällt auch der Zinssatz aus. Doch sollte die Risikovermeidung in Anbetracht der mit einem Hausbau verbundenen Verschuldungsgrade absolut im Vordergrund stehen. Wer sich zum Beispiel für eine Zinsbindung von 30 Jahren entscheidet, bezahlt beim gleichen Tilgungssatz monatlich 1.213 EUR (Zinssatz ca. 1,64 %), hat jedoch zum Ablauf der 30 Jahre nur noch eine Restschuld von 90.226 EUR in den Büchern stehen. Und wer 100%ig auf Nummer sicher gehen will, wählt einen an die Laufzeit angepassten Tilgungssatz. Für eine monatliche Rate von 1.393 EUR erhält man die Sicherheit, zum Ablauf der Zinsbindung schuldenfrei zu sein.

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